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Call for Papers

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Brecht in / und Asien

13. Symposium der Internationalen Brecht-Gesellschaft

19.-23. Mai, 2010
University of Hawaiʻi at Mānoa, Honolulu


Um die komplexen Querverbindungen zwischen Brechts Werk und verschiedenen asiatischen Kulturen zu Beginn des 21. Jahrhunderts erneut zu überdenken, lädt die Internationale Brecht-Gesellschaft Wissenschaftler und Künstler aus Theater, Performance und anderen kulturellen Bereichen sowie Doktoranden zu einem interdisziplinären Symposium Brecht in / und Asien ein, das im Frühjahr 2010 stattfinden wird.

Brecht war nicht der einzige Repräsentant der westlichen Moderne, der sich von einer Hinwendung zu asiatischem Theater und Gedankengut neue Anregungen erhoffte, aber er war ein außergewöhnlich scharfer Beobachter der kulturellen Begegnung mit diesem “Anderen”. Asiatische (Theater-) Kulturen hatten einen maßgeblichen Einfluss auf Brechts Werk; sein Theater und seine Ideen wiederum regten neue Formen des politischen und ästhetischen Experiments in vielen Teilen Asiens an. Das Symposium wird als ein Forum dienen, in dem die vielfältigen Dimensionen dieser wechselseitigen Beziehung und ihr dynamischer und nachhaltiger Widerhall bis heute zu erkunden sein wird. Der Aufruf zu Beiträgen geht von einem erweiterten Asien-Begriff aus, der sowohl die geopolitischen Räume eines “pluralisierten Asien” als auch den Einflussbereich asiatischer Traditionen bis in die Kulturen Europas, Afrikas und der beiden amerikanischen Kontinente hinein umfasst. Das aus Eiichiro Hirata (Keio Universität, Tokio), Hans-Thies Lehmann (Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt/Main), Marc Silberman (University of Wisconsin, Madison), Markus Wessendorf (University of Hawai’i at Mānoa, Honolulu) und Erdmut Wizisla (Bertolt-Brecht-Archiv, Berlin) bestehende Organisationskomitee lädt zu Vorschlägen für Vorträge, Posterdarstellungen, Arbeitssitzungen und Workshops in folgenden vier Themenbereichen ein:

I. Asiens Brecht: Theaterkünstler und -ensembles in ganz Asien geben Brecht als wesentlichen Einfluss auf ihre Dramaturgien, Ästhetiken und Theaterpädagogiken an. Aufbauend auf den Erfahrungen des 7. Symposiums der IBS in Hongkong vor gut zwei Jahrzehnten (1986, “Brecht in Asien und Afrika”) nehmen wir wichtige Befürworter Brechts in Asien in den Blick, z.B. Korea Senda und Tatsuji Iwabuchi in Japan, Huang Zuolin in China und Rudraprasad Sengupta in Indien, die alle wesentlich zur Popularisierung Brechts in ihren jeweiligen Ländern beigetragen haben. Wie haben sie Brechts Werk den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten und Aufführungstraditionen angepasst? Ebenso fragen wir: Prägen Brechts Ideen die Arbeit gegenwärtiger Regisseure und Theatergruppen, z.B. das interkulturelle Theater von Ong Keng Sen (Singapur), das politische Theater des Crescent Moon Theatre (Thailand), das multikulturelle Theater der Golden Bough Performance Society (Taiwan), das Laientheater der PETA (Philippinen) und die postmodernen Produktionen von Makoto Nakashimas Bird Theater Company (Japan)? Welche Brechtschen Konzepte und Praktiken haben diese Künstler übernommen oder sich anverwandelt? Und wie haben Schauspieler, Zuschauer und Kritiker darauf jeweils reagiert? Was ist der gegenwärtige Stand der Brecht-Rezeption, der Übersetzung und der wissenschaftlichen Erforschung in den jeweiligen Ländern? Welche Rolle spielen dabei nicht nur die Stücke und die Theatertheorie, sondern auch andere literarische und theoretische Werke?

II. Brechts Asien: Brechts Auseinandersetzung mit verschiedenen asiatischen Kulturen fordert uns dazu heraus, deren Spuren in seinem Werk sicherzustellen und – wie im Falle des ersten Themas: “Asiens Brecht” – im Licht der dynamischen gegenwärtigen Interkulturalitätsdebatte neu zu beleuchten: Bearbeitungen japanischer Nō-Dramen, Reaktionen auf Chinas Politik der 1950er Jahre, Überlegungen zur chinesischen Schauspielkunst, Ideen zu Bühnendesign und Theaterästhetik, Beobachtungen zur chinesischen Malerei, Anverwandlungen stilistischer und poetologischer Aspekte asiatischer Lyrik und Anleihen aus asiatischer Philosophie. Es könnte lohnenswert sein, die Beiträge von Elisabeth Hauptmann zu seinen Bearbeitungen ostasiatischer Quellen erneut zu untersuchen (z. B. die Arbeit an Zenchikus Taniko für Der Jasager). Untersuchenswert in diesem Zusammenhang wäre auch die gelegentlich konstatierte “chinesische Haltung” Brechts sowie die These, dass der Gestus seiner “chinesischen Gedichte” dem Gestus der Originaltexte näher kommt als die englischen Übersetzungen, auf denen seine Versionen beruhen. Man könnte der Frage möglicher Kontakte Brechts mit asiatischen Einwanderern während seines Exil-Aufenthalts in Kalifornien nachgehen. Es gibt zudem noch immer neues Textmaterial zu entdecken, z.B. die kürzlich rekonstruierte auf einem Stück Yuzo Yamamotos basierende Adaptation Die Judith von Shimoda, deren amerikanische Erstaufführung während des Symposiums zu sehen sein wird. Darüber hinaus legen neuere postkoloniale und post-orientale Ansätze eine kritische Reflexion der Aneignungen Brechts aus verschiedenen asiatischen Kulturen nahe. Wie überträgt sich das dem Brechtschen Werk eingeschriebene Wissen um die Marginalisierten und Unterdrückten “transkulturell,” z.B. in den Produktionen des deutschen Regisseurs Fritz Bennewitz, die dieser in Indien, den Philippinen, Bangladesch und Sri Lanka realisiert hat? Was geschieht mit Brechts Ästhetik, wenn sie in den Bereich des asiatisch-amerikanischen Dramas vordringt – in die Stücke von Autoren wie Philip Kan Gotanda, Jessica Hagedorn, David Henry Hwang, Naomi Iizuka und Young Jean Lee?

III. Asien über Brecht hinaus: Brechts episches Theater und seine Schriften zu Kultur und Politik sprachen vor allem die Krisen und Umbrüche des 20. Jahrhunderts an. Zu Beginn des neuen Jahrtausends bieten sich vor allem die Konflikte in islamisch geprägten Gebieten Asiens einer Brechtschen Bearbeitung an, wann immer Dramatiker regionale politische Spannungen im globalen Kontext zu thematisieren versuchen. Als Beispiele ließen sich nennen: der Israelisch-Palästinensische Konflikt (diverse Inszenierungen der palästinensischen Theatergruppen al-Balalin und al-Hakawati), autokratische, von westlichem Neokolonialismus gestützte Regimes (The Al-Hamlet Summit des kuwaitischen Dramatikers/Regisseurs Sulayman Al-Bassam) und das Aufkommen eines religiös motivierten Terrorismus (Verbrennungen des libanesisch-kanadischen Dramatikers Wajdi Mouawad). Wie lassen sich Brechts Kriegsstücke mit westlichen Dramen über den von Amerika geführten “Krieg gegen den Terror” im islamischen Asien vergleichen, z.B. mit David Greigs The American Pilot, Mark Ravenhills Shoot/Get Treasure/Repeat: An Epic Cycle of Short Plays oder Judith Thompsons Palace of the End? Kann Gegenwartspolitik mit ihren Komplikationen und Verworrenheiten Brechts dialektische Praxis für ihre eigenen Ziele vereinnahmen und umfunktionieren?

IV. Brecht über Asien hinaus: Die asiatischen Bezüge in Brechts Schriften stellen reichhaltiges Material für vergleichende Untersuchungen dar, aber in Brechts Werk gibt es auch abstraktere und vermitteltere Formen des interkulturellen Austausches. Dazu zählen dramaturgische, strukturelle und linguistische Strategien, der Gebrauch von Masken, die Reduktion der Mittel, Fragmentierung und Stilisierung. Brechts Denken war auf Synthese und seine Arbeitsweise auf Gemeinschaftsproduktion ausgerichtet. Seine neuen Ansätze zur Visualisierung von Gegenwartsrealität und zur Rekonzeptualisierung des modernen Subjekts haben Texte und Inszenierungspraktiken geprägt, die nach wie vor Leser und Zuschauer auf der ganzen Welt anzusprechen vermögen. Kann seine besondere Auffassung des “dividuums” zu den vom ‘westlichen’ Denken unterschiedenen Konzeptionen menschlicher Individualität und menschlichen Handelns in asiatischen Kulturen in Bezug gesetzt werden? Wie stellen wir uns einen Dialog zwischen disparaten Denkweisen vor, wie ihn Martin Heidegger in “Aus einem Gespräch von der Sprache. Zwischen einem Japaner und einem Fragenden” entworfen hat? Wie lässt sich Brechts hinreichend belegte Liebe zum einfachen, konkreten Objekt auf der Bühne und seine Wertschätzung der Bedeutsamkeit von Gegenständen überhaupt über kulturelle Grenzen hinweg übertragen?

Konferenzsprache wird vorwiegend Englisch sein. Erwünscht sind daher Beiträge in englischer Sprache, es werden jedoch auch solche in deutscher Sprache berücksichtigt.

Bitte schicken Sie Themenvorschläge für 20-minütige Vorträge (250-350 Wörter), Kurzdarstellungen von Posters (100-150 Wörter), Beschreibungen von Workshops (100-150 Wörter) oder Ideen für Arbeitssitzungen (mit drei TeilnehmerInnen) bis zum 1. Juli 2009 an:

Dr. Markus Wessendorf
Dept. of Theatre and Dance
University of Hawai’i at Mānoa
1770 East-West Road
Honolulu, HI 96822 USA

Email: wessendo@hawaii.edu
Fax: 001 808 956-4234


Die Zusendung der Vorschläge per Email wird bevorzugt, aber die Einsendung per Brief oder Fax ist auch zugelassen. Die ReferentInnen werden Ende Oktober 2009 über die vom Komitee getroffene Auswahl an Vorträgen, Posters und Arbeitssitzungen benachrichtigt. Das Organisationskomitee behält sich das Recht vor, die Zusammenstellung der Arbeitssitzungen und die Themen- bzw. Gruppenvorschläge zu ändern. Es wird erwartet, dass die TeilnehmerInnen des Symposiums – falls sie es noch nicht sind – Mitglieder der IBS werden. Die reguläre Teilnahmegebühr für das Symposium ist $120 (für StudentInnen und RentnerInnen gilt eine ermäßigte Gebühr von $90), wenn diese bis Februar 2010 entrichtet wird, danach erhöht sich die Gebühr auf $150 bzw. $120. Die Anmeldung zur Konferenz wird von allen TeilnehmerInnen erwartet. Eine Auswahl der Symposiumsbeiträge wird im Brecht Jahrbuch (Jahrgang 36 / 2011) veröffentlicht werden.

Die IBS plant auch ein kulturelles Beiprogramm für die Konferenz, das u.a. die erste amerikanische Inszenierung von Brechts Die Judith von Shimoda (an der University of Hawai’i at Mānoa) und ein Gastspiel der japanischen Bird Theater Company und ihrer Produktion der Mutter Courage und Ihrer Kinder (unter der Regie von Makoto Nakashima) vorsieht. Weitere Informationen sowohl zum kulturellen Programm als auch zu weiteren Einzelheiten des Symposiums werden auf der offiziellen Webadresse der Konferenz bekannt gemacht: http://manoa.hawaii.edu/brecht2010. Die IBS hofft, die Reisekosten der ReferentInnen zumindest teilweise durch Stiftungs- und Sponsorengelder subventionieren zu können. Jedoch müssen wir alle TeilnehmerInnen der Konferenz bitten, selbst für die Durchführung der Flugreservierungen und Hotelbuchungen Sorge zu tragen.